Presse

 

Echtes vom Mann mit der Mütze
Artikel aus der Blick vom Fernsehturm vom 14.05.2010 Degerloch.

Bei Guido Keller führt Christof Altmann mit seinem Trio zu den schwäbischen Wurzeln des Blues. Von Martin Bernklau

Der Mann mit der Mütze hat den Blues, den schwäbischen natürlich. Der andere Mann mit der Mütze hat den Wein. Das passt. Cannstatter Zuckerle und Trollinger diesmal natürlich. Mit seinem Trio war der Kabarettist und Musiker Christof Altmann gestern und vorgestern zweimal bei Guido Keller zu Gast, dem Wein-Musketier in der Tränke.

Eines der Instrumente, die Altmann so wunderbar beherrscht, ist jener Goschenhobel aus Trossingen, den nicht nur ein Bob Dylan als Blues Harp zu Weltruhm brachte. Die Geschichte, die der begnadete Plauderer dazu in seinem Programm "Kosmopolitisch Schwäbisch" auf Lager hat, ist die Sage von der Entstehung des Blues.

Ein Degerlocher Auswanderer, eingeschifft "am Neckarhafen vor der Wilhelma", häbe am Mississipi das Heimweh ergriffen, "den Jomer", und "Aufem Wase graset Hase" mit seiner Mundharmonika intoniert. Das habe ein Sklave aufgegriffen und abgewandelt, dem ja die Sehnsucht nach dem Land der Vorväter mindestens ebenso schwer auf der Seele gelegen sei. So gebar eine "Kernfusion schwäbischer und schwarzer Musikkultur" den Blues.

Altmann spielt auch die "Quetschkommod", Gitarre, Ukulele und Banjo. Und bei seinen Road-Songs begleiten ihn exquisite Musiker: Thilo Stricker, ein junger Percussionist, der mit dem Waschbrett, dem Becken oder der Kistentrommel Cajon stilecht bescheiden beim Blues bleibt, und Dieter Hildenbrand mit einem böhmischen Kontrabass die Basis bietet.

Schon musikalisch wäre das ein Genuss, aber Altmann bringt noch viel mehr. Die Texte hat er gerade zu diesem Anlass entlang der schwäbischen Speisekarte ausgewählt, sich vom berühmten Kochbuch der Luise Kiehnle anregen lassen zu Songs vom Gugomber-Salat, dem "Grombiera-raus- dao-Blues" oder dem "Zwätschga-ra-dao-Boogie", die so tief, manchmal abgrundtief in die schwäbische Seele blicken lassen. Es ist keine Comedy, sondern feinstes Kabarett, wenn Altmann dann davon erzählt, wie ein echter Schwabe so eine exquisite Weinprobe übersteht, ohne durch die Vergeudung des guten Tropfens im riesigen Spucknapf schwereren Schaden an dieser sparsamen Seele zu nehmen. Er hat tausende von Anspielungen, und keine davon wirkt aufgesetzt, übergeigt oder wichtigtuerisch. Auch nicht die kleine französisch-schwäbische Sprachkunde, die ihre Wurzeln in der Zeit der Napoleonischen Kriege hat: Botschamber, Trottwar, Fisimatenta.

Auch musikalisch wird es noch bunter, kosmopolitischer. Vor 50 Jahren habe ihm, dem schwäbischen Straßenmusiker, ein Trini Lopez zu seinem Auftritt in der Liederhalle jenen Song abgelauscht, der als Karibik-Hit "La Bamba" um die Welt ging. Im Urtext, sagt Altmann, habe der vom Bub und seiner drückenden Blase gehandelt: "O Karle, muscht du bambe?" fragt ihn seine Mutter - bis es zu spät ist. So etwas kommt bei Altmann nicht vulgär, sondern waschecht aus dem Leben gegriffen.

Die Zuhörer wechseln zwischen seligem Schmunzeln und voller Begeisterung. Nur auf das Schenkelklopfen des organisierten Comedy-Frohsinns hat es der eingeborene Stuttgarter nun nicht so abgesehen. Seine Wortspiele sind keine billigen Gags. Weniger den notorischen Hannes und seinen Bürgermeister zählt Altmann zu seiner Verwandtschaft, zu seiner "Bagaasch", als einen Willy Reichert und erst recht einen Thaddäus Troll, den Trollinger-Poeten par excellence.

Den weltumspannenden Bogen nach Hawaii schlägt dieser grandiose Unterhalter, indem er die Frage nach dem Lieblingsgetränk des Schwaben mit einer kleinen Umdeutung beantwortet: "Ha, Wai!", Trollinger natürlich, den Seelentröster schlechthin.

Zur heftig geforderten Zugabe der Drei, die "dr Blues hend, all day", legen sie noch mal richtig los, diesmal mit Thilo Stricker am Klavier und einem wahnwitzig übermütigen Goschahobel-Solo von Christof Altmann. Diesen Mann muss ein Schwabe, muss eine Schwäbin wirklich gehört haben. Am besten in der sonst so tristen Tränke bei Guido Keller, der mit seiner Baskenmütze den Trollinger dazu liefert und den Grombiera-Salat.

 

 

 

 

D´Maultasch stellt sich vor | Lyrisches&Kulinarisches | Spielplan
Pressestimmen | Kontakt&Links